Mit dem Auslaufen der Sonderregelungen für Hauptversammlungen gemäß dem COVID-Maßnahmengesetz zum 31. August 2022 hat der Gesetzgeber nun eine dauerhafte gesetzliche Grundlage für virtuelle Hauptversammlungen im Aktiengesetz verankert. Die neueste Entwicklung erfolgte im März 2023, als das Bundesministerium für Justiz bekannt gab, dass Aktionäre nunmehr ohne physische Präsenz am Versammlungsort an den Hauptversammlungen von Aktiengesellschaften teilnehmen dürfen. Hierfür wurde ein neuer Paragraf in das Aktiengesetz aufgenommen. Mit virtuellen Hauptversammlungen wurde ein wichtiger Schritt zur weiteren Digitalisierung des Gesellschaftsrechts erreicht.
Um eine virtuelle Hauptversammlung abzuhalten, ist es notwendig, eine entsprechende Grundlage in der Satzung zu schaffen. Diese Grundlage kann entweder direkt in der Satzung festgelegt oder dem Vorstand die Ermächtigung dazu erteilt werden. Auf diese Weise können die Aktionäre darüber entscheiden, ob die Versammlung virtuell stattfinden soll. Es ist jedoch wichtig, dass diese Satzungsregelung oder Ermächtigung zeitlich begrenzt wird und für einen Zeitraum von bis zu fünf Jahren gilt. Dabei ist das Format der virtuellen Hauptversammlung flexibel, da es keine Beschränkungen bezüglich der behandelten Inhalte gibt.
Eine Übergangsregelung erlaubt es, dass Hauptversammlungen, die bis einschließlich 31. August 2023 einberufen werden, auch ohne eine entsprechende Regelung in der Satzung als virtuelle Versammlungen abgehalten werden können. Hierfür ist jedoch die Entscheidung des Vorstands und die Zustimmung des Aufsichtsrats erforderlich.
Ausgestaltung der Aktionärsrechte
Durch das Gesetz sind die Aktionärsrechte uneingeschränkt gewahrt. Einige wichtige Aspekte sind:
Anfechtungsrecht
Um die Wahrscheinlichkeit von Anfechtungsklagen aufgrund technischer Störungen zu reduzieren, werden die Vorschriften des Aktiengesetzes, welche die Möglichkeiten zur Anfechtung in solchen Fällen begrenzen, auf die virtuelle Hauptversammlung erweitert. Dadurch sollen die Risiken für die Gesellschaften minimiert werden.
Auswertung der Hauptversammlungssaison 2023
In der laufenden Hauptversammlungssaison 2023 standen Aktiengesellschaften daher vor der Entscheidung, ob sie eine virtuelle Hauptversammlung ohne physische Präsenz der Aktionäre nach dem neuen aktienrechtlichen Gesetz durchführen oder ob sie nach drei Jahren virtueller COVID-Hauptversammlung das altbekannte Format der Präsenz-Hauptversammlung wählen.
Nachdem sämtliche Einladungen für die Hauptversammlungen aller DAX-Unternehmen seit Mitte Mai vorgelegen waren, wurde eine erste empirische Untersuchung durchgeführt, um herauszufinden, wie 38 der im DAX 40 notierten Gesellschaften, die ihren Sitz in Deutschland haben und dem deutschen Aktienrecht unterliegen, ihre Entscheidung getroffen haben (Airbus SE und die Qiagen N.V., deren Sitz in den Niederlanden liegt, wurden nicht berücksichtigt).
Mehrheit pro virtuelle Versammlung
Besonders angesichts der kritischen Diskussion - insbesondere in den Medien - wurde mit Spannung erwartet, welches Hauptversammlungsformat von den Gesellschaften bevorzugt wurde und wie viele von ihnen im Jahr 2023 zur Präsenz-Hauptversammlung zurückkehren würden.
Das Ergebnis der Untersuchung zeigt, dass sich eine Mehrheit von rund dreiviertel der Unternehmen, also 28 von 38 Gesellschaften, für die virtuelle Versammlung entschieden hat. Hingegen haben zehn der DAX-Unternehmen das traditionelle Präsenzformat gewählt.
Im Einzelnen stellt sich die Verteilung wie folgt dar:
Die Auswertung zeigt, dass die überwiegende Mehrheit der Unternehmen die neuen Regelungen bezüglich virtueller Hauptversammlungen als praktisch umsetzbar ansieht. Obwohl es anfangs öffentliche Skepsis gab, halten sie auch nach Jahren der "COVID-Hauptversammlung" an dem Format der virtuellen Hauptversammlung fest.
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